Mit dem sog. Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetz („ZuFinG II“) plant die Bundesregierung verschiedene Gesetzesänderungen zur Umsetzung ihrer im Juli 2024 beschlossenen Wachstumsinitiative. Nun liegt ein Referentenentwurf des ZuFinG II vor. Nachfolgend beleuchten wir die für deutsche Private Equity- und Venture-Capital-Fonds („PE-/VC-Fonds“) wichtigsten Aspekte des Entwurfs, die sich aus vorgeschlagenen Neuregelungen im Investmentsteuergesetz („InvStG“) ergeben.
I. Investmentsfonds als Alternative für gewerbliche geschlossene PE-/VC-Fonds?
Nach dem Referentenentwurf sollen Investmentfonds i.S.d. InvStG, die sich unmittelbar und ohne die Absicht zur Erzielung kurzfristiger Veräußerungsgewinne an Kapitalgesellschaften beteiligen, nicht das Tatbestandsmerkmal der „aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung“ erfüllen. Nach dem vorgeschlagenen Gesetzeswortlaut wären Veräußerungsgewinne aus typischen PE-/VC-Portfoliobeteiligungen (Capital Gains) auf Ebene des Investmentfonds steuerbefreit. Damit könnten Investmentfonds (also Fonds, die als Körperschaft oder in Vertragsform organisiert sind) eine Alternative zu personengesellschaftlich strukturierten PE-/VC-Fonds werden. Eine solche Investmentfonds-Struktur könnte insbesondere für ausländische Investoren interessant sein, da sie bei Beteiligung an Investmentfonds mit Direktbeteiligungen an Kapitalgesellschaften – anders als bei Beteiligung an inländischen gewerblichen PE-/VC-Fonds – keinen deutschen Steuer(erklärungs-)pflichten unterlägen.
Nach dem Referentenentwurf bleibt allerdings offen, ob für Investmentfonds mit Direktbeteiligungen an Kapitalgesellschaften neben der explizit erforderlichen Mindesthaltedauer auch die allgemeinen Regeln zur Abgrenzung von Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit gelten sollen. Dann wäre die Steuerfreiheit des Investmentfonds für Anteilsveräußerungsgewinne nur unter den engen Voraussetzungen der Vermögensverwaltung möglich, die auch für PE-/VC-Fonds in Personengesellschaftsform gelten. Eine relevante Strukturalternative im Vergleich zu personengesellschaftlich strukturierten (und gewerblich tätigen) PE-/VC-Fonds wären Investmentfonds damit nicht. Die Begründung zum Referentenentwurf scheint den vorgeschlagenen eindeutigen Gesetzeswortlaut an dieser Stelle zu relativieren, sodass im weiteren Entwurfsverfahren eine Klarstellung erfolgen sollte.
II. Hürden für Investments in gewerbliche PE-/VC-Fonds bleiben wohl
Auch nach dem Referentenentwurf dürften Investmentfonds i.S.d. InvStG weiterhin kaum in inländische gewerbliche PE-/VC-Fonds in Personengesellschaftsform investieren: Mit dem Entwurf würde die bereits bislang von der Finanzverwaltung vertretene und viel kritisierte Auffassung festgeschrieben, dass sämtliche Einkünfte von Investmentfonds aus Beteiligungen an inländischen, originär gewerblichen Personengesellschaften beim Investmentfonds steuerpflichtig sein sollen. Die vorgeschlagene Neuregelung würde für in- und ausländische Investmentfonds gleichermaßen und unabhängig davon gelten, ob sich der Investmentfonds als bloß passiver Kapitalgeber am gewerblichen PE-/VC-Fonds beteiligt.
Unverändert bleibt auch nach dem Referentenentwurf, dass die Einkünfte des Investmentfonds aus der Beteiligung an gewerblichen PE-/VC-Fonds der Vollbesteuerung mit Körperschaftsteuer unterliegen. Das gilt auch für Anteilsveräußerungsgewinne, für die die Steuerbefreiung gem. § 8b Abs. 2, 3 KStG keine Anwendung findet. Aufgrund der Vollbesteuerung auch im Fall von Anteilsveräußerungsgewinnen dürfte eine Direktinvestition von Investmentfonds in inländische gewerbliche PE-/VC-Fonds steuerlich regelmäßig unattraktiv sein.
Die geplante Neuregelung fällt zusammen mit der Entwicklung, dass die Finanzverwaltung zunehmend strengere Maßstäbe an den vermögensverwaltenden Status von PE-/VC-Fonds anlegt und sich dadurch die Zahl inländischer gewerblicher PE-/VC-Fonds erhöht. Sollte der Referentenentwurf Gesetz werden und damit Investitionen von Investmentfonds in inländische gewerbliche PE-/VC-Fonds erschweren, dürfte die vom Referentenentwurf angestrebte Verbesserung des deutschen Fondsstandorts zumindest mit Blick auf inländische PE-/VC-Fonds deutlich verfehlt werden.
III. Vorgeschlagene Änderungen des InvStG im Detail
- Investmentfonds sollen sich unbeschränkt an gewerblichen Fonds beteiligten können, ohne aus dem Anwendungsbereich des InvStG zu fallen. Damit ist u.E. jedoch keine Neuregelung, sondern allenfalls eine Klarstellung zur aktuellen Rechtslage verbunden. Nicht auszuschließen ist sogar, dass die vermeintliche Klarstellung neue Unklarheiten hervorruft, da es der Gesetzgeber anscheinend für möglich hält, dass der Begriff des Investmentvermögens im Steuerrecht gänzlich anders als innerhalb des aufsichtsrechtlichen Rahmens ausgelegt wird. Die aktuelle Formulierung von § 1 Abs. 2 Satz 1 InvStG schließt dies bislang aus.
- Die Steuerpflicht eines Investmentfonds umfasst (auch nach aktueller Rechtslage) grundsätzlich gewerbliche, über eine inländische Betriebsstätte erzielte Einkünfte, wenn der Investmentfonds seine Vermögensgegenstände aktiv unternehmerisch bewirtschaftet. Zum Tatbestandsmerkmal der „aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung“ enthält der Referentenentwurf folgende Neuregelungen:
→ Es soll ein Entlastungsbeweis für Einkünfte eingeführt werden, die aus vermögensverwaltender Tätigkeit stammen, aber über eine gewerblich geprägte oder infizierte Personengesellschaft bezogen werden. Solche Einkünfte sollen auf Ebene des Investmentfonds steuerbefreit sein. Diese Regelung dürfte für gewerbliche PE-/VC-Fonds praktisch geringe Bedeutung haben.
→ Die „aktive unternehmerische Bewirtschaftung“ soll – entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung – bei Beteiligung des Investmentfonds an originär gewerblichen Mitunternehmerschaften stets vorliegen. Sämtliche Einkünfte aus inländischen gewerblichen PE-/VC-Fonds wären damit auf Ebene des Investmentfonds in Deutschland steuerpflichtig.
Aus gesetzessystematischer Sicht ist die vorgeschlagene Neuregelung kritikwürdig. Die aktive unternehmerische Bewirtschaftung sollte als Tatbestandsmerkmal ausgelegt werden, das zusätzlich zur Gewerblichkeit der bezogenen Einkünfte erfüllt sein muss. Nach dem Referentenentwurf hätte es allerdings quasi keine eigenständige, über die Gewerblichkeit hinausgehende Bedeutung mehr. Einkünfte aus dem bloßen Halten und Verwalten von Beteiligungen an gewerblichen PE-/VC-Fonds würden auf Ebene beteiligter Investmentfonds der Besteuerung unterworfen.
→ Keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung soll hingegen bei unmittelbarer Beteiligung von Investmentfonds an Kapitalgesellschaften vorliegen, außer die Beteiligungen sollen kurzfristig wieder veräußert werden. Da die Regelung nur unmittelbare Beteiligungen an Kapitalgesellschaften erfasst, ist sie für Investments in PE-/VC-Fonds in Form von Personengesellschaften ohne Bedeutung. Sie könnte es aber steuerlich attraktiver machen, einen PE-/VC-Fonds als Investmentfonds i.S.d. InvStG (also als Körperschaft oder in Vertragsform) auszugestalten. Die Begründung zum Referentenentwurf vermischt hier allerdings mehrfach die Begrifflichkeiten, sodass unklar bleibt, ob im Fall der Direktbeteiligung an Kapitalgesellschaften nur dann keine aktive unternehmerische Bewirtschaftung vorliegen soll, wenn die Beteiligungen auch nach den allgemeinen einkommensteuerlichen Maßstäben insgesamt „vermögensverwaltenden Charakter“ haben.
- Eine Steuerbefreiung für Anteilsveräußerungsgewinne ist weiterhin nicht vorgesehen. Alle Einkünfte eines Investmentfonds aus inländischen gewerblichen PE-/VC-Fonds unterliegen der Vollbesteuerung mit Körperschaftsteuer in Höhe von 15% (zzgl. SolZ). Das ist systemwidrig für Einkünfte wie Capital Gains, die bei anderen körperschaftlichen Investoren weitgehend steuerbefreit sind.
- Der Investmentfonds dürfte auch nach dem Referentenentwurf grundsätzlich nicht mit Gewerbesteuer belastet sein, soweit er an gewerblichen PE-/VC-Fonds beteiligt ist. Allerdings verfestigt die geplante Neuregelung Unklarheiten bei der Gewerbesteuerlast auf Ebene gewerblicher PE-/VC-Fonds, an denen Investmentfonds beteiligt sind.
- Nach dem Referentenentwurf sollen Steuerbefreiungen auf Ebene des Investmentfonds entfallen, die derzeit bei Beteiligung bestimmter steuerbefreiter Anleger wie Kirchen oder gemeinnützigen Stiftungen gelten. Konkret betrifft der Wegfall der Steuerbefreiung gewerbliche Einkünfte aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung, die auf steuerbefreite Anleger eines Investmentfonds entfallen. Demnach würden auch Investmentfonds, die ausschließlich steuerbefreite Anleger haben, bei Beteiligung an inländischen gewerblichen PE-/VC-Fonds vollbesteuerte Einkünfte erzielen.
- Nach dem Referentenentwurf würden die Neuregelungen ab 2026 gelten.
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