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Briefing | Mitarbeiterbeteiligungen bei Startups: Steuerliche Vergünstigungen jetzt auch für deutsche Mitarbeiter:innen ausländischer Startups

Geschrieben von YPOG | 5. November 2024

05.11.2024

Jahressteuergesetz erweitert Anwendungsbereich des § 19a EStG auf Konzernstrukturen

Der Bundestag hat das Jahressteuergesetz 2024 verabschiedet und damit eine wichtige Verbesserung der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen bei Startups beschlossen. Die Zustimmung des Bundesrats steht allerdings noch aus.

Die Einfügung einer sog. Konzernklausel in § 19a EStG ermöglicht nun, dass auch Mitarbeiter:innen von Tochtergesellschaften und anderen verbundenen Unternehmen i.S.d. § 18 Aktiengesetz bei der Einräumung von Beteiligungen an Startups von dem Besteuerungsaufschub gem. § 19a EStG profitieren können. Bisher waren (jedenfalls nach Auffassung der Finanzverwaltung) ausschließlich Beteiligungen an der Arbeitgeber-Gesellschaft selbst erfasst.

Damit geht der Gesetzgeber auf ein dringendes praktische Bedürfnis ein und beseitigt die grundlose Schlechterstellung von Mitarbeiter:innen verbundener Unternehmen. Insbesondere Mitarbeiter:innen ausländischer Startups, die bei deutschen Tochtergesellschaften angestellt sind, aber auch Mitarbeiter:innen von Startups, die aus andere Gründen eine mehrstöckige Gesellschaftsstruktur nutzen (müssen) waren bislang benachteiligt. Eine entsprechende Änderung war bereits im Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes aus dem vergangenen Jahr vorgesehen, wurde jedoch kurz vor den abschließenden Beratungen im Bundestag auf Empfehlung des Finanzausschusses gestrichen.

19a EStG sieht vor, dass Startups ihren Mitarbeiter:innnen unentgeltlich oder verbilligt Vermögensbeteiligungen einräumen können und der Arbeitslohn in Höhe der Verbilligung erst bei einem späteren Verkauf der Beteiligung (Exit) besteuert wird. Der Besteuerungsaufschub kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn das Unternehmen nicht älter als 20 Jahre ist und bestimmte Schwellenwerte im Jahr der Einräumung der Beteiligung oder in den vorangegangenen sechs Jahren nicht überschritten werden (Jahresumsatz bis zu 100 Millionen Euro, Bilanzsumme bis zu 86 Millionen Euro und Beschäftigtenzahl bis zu 1.000). Für mehr Details zu § 19a EStG lesen Sie unser Briefing:

Neue Perspektiven, alte Hürden: Wie das Zukunftsfinanzierungsgesetz ESOPs verändert.

Mit der neuen Konzernklausel wird der Anwendungsbereich nun auf Konzernunternehmen i.S.d. § 18 Aktiengesetz (Tochter-, Mutter- und Schwestergesellschaften) ausgedehnt. Der Besteuerungsaufschub kann demnach auch für Beteiligungen an Unternehmen innerhalb eines Konzerns in Anspruch genommen werden, sofern der Konzern als Gesamtheit die Schwellenwerte gemäß § 19a Abs. 3 EStG einhält und keines der Konzernunternehmen älter als 20 Jahre ist.

Erweiterte Anwendbarkeit für internationale Startup-Strukturen

Die Erweiterung der Regelung ist von besonderer Bedeutung für ausländische Startups mit Tochtergesellschaften in Deutschland. Da eine typische Unternehmensbeteiligung stets an der Obergesellschaft eingeräumt wird, weil nur so eine Beteiligung am Gesamterfolg des Unternehmens ermöglicht wird, war es den Mitarbeiter:innen deutscher Tochtergesellschaften ausländischer Startups bislang nicht möglich, die Vorteile des § 19a EStG in Anspruch zu nehmen. Eine Direktanstellung bei der ausländischen Gesellschaft würde zwar eine Inanspruchnahme der Vorteile des § 19a EStG ermöglichen, hätte aber potenziell unerwünschte steuerliche Folgen für das Startup (Begründung einer Betriebsstätte) und löst u.U. arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche und andere rechtliche Pflichten für das Startup aus, die besser durch eine lokale Tochtergesellschaft erfüllt werden können (und eben zu diesen Zwecken ist die Gründung lokaler Tochtergesellschaften ratsam).

Daneben existieren jedoch auch andere (rein nationale) mehrstufige Unternehmensstrukturen, die aus organisatorischen, regulatorischen oder haftungsrechtlichen Erwägungen gewählt werden. Solche Strukturen sind im Startup-Bereich keineswegs unüblich und können wirtschaftlich vorteilhaft oder (in bestimmten, besonders regulierten Bereichen) sogar rechtlich zwingend erforderlich sein. Durch die Neuregelung wird nun die Möglichkeit geschaffen, gem. § 19a EStG begünstigte Mitarbeiterbeteiligungen auch in solchen mehrstöckigen Strukturen anzubieten und dadurch die Bindung sowie die Motivation der Mitarbeiter:innen zu stärken.

Auswirkungen der Neuregelung auf offene Fragen zur Berechnung der Schwellenwerte

Die Ergänzung der Konzernklausel in § 19a Abs. 1 Satz 2 EStG n.F. könnte über die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Mitarbeiter:innen verbundener Unternehmen hinaus auch Folgen für die Berechnung der Schwellenwerte gem. § 19a Abs. 3 EStG haben.

Bislang war unklar und strittig, ob bei der Berechnung der Schwellenwerte verbundene Unternehmen einzubeziehen sind. Das ist insbesondere relevant für Startups, die Teil größerer Unternehmensstrukturen (sog. Corporate Venturing) sind. Indem in § 19a Abs. 1 Satz 2 EStG n.F. nun der Begriff des Arbeitgeberunternehmens auf Konzernunternehmen ausgeweitet wird, dürfte naheliegen, dass der in § 19a Abs. 3 EStG verwendete Begriff des Arbeitgeberunternehmens ebenso zu verstehen ist und damit auch insofern eine Konzernbetrachtung vorzunehmen ist. Dadurch würden Corporate Ventures definitiv vom Anwendungsbereich des § 19a EStG ausgenommen.

Unklar ist, ob und inwieweit dies auch für Finanzinvestoren gelten würde, die eine Mehrheit an dem Startup erwerben. Insofern käme hinzu, dass nicht klar ist, wie dann die Rückschau auf die vergangenen sechs Jahre vorzunehmen ist, wenn der Finanzinvestor erst innerhalb dieses Zeitraums die Mehrheitsbeteiligung erworben hat.

Zustimmung des Bundesrats steht aus

Es bleibt zu hoffen, dass auch der Bundesrat dem Gesetz zustimmen wird und damit die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen eine weitere, wichtige Verbesserung erfährt, die den Standort Deutschland für Startups attraktiver machen dürfte.




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