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Briefing | Grunderwerbsteuerliche Auswirkungen des neuen Personengesellschaftsrechts (MoPeG)

Geschrieben von YPOG | 18. August 2023

In unserer Serie von Briefings zu den Gesetzespaketen (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz und Wachstumschancengesetz), die das Bundesministerium der Finanzen im Juli vorgelegt hat, liegt der Fokus dieses Briefings auf der Grunderwerbsteuer. Diese findet im Entwurf des Wachstumschancengesetzes keine Beachtung, obwohl das GrEStG nur unzureichend für die in wenigen Monaten in Kraft tretende Reform des Personengesellschaftsrechts gewappnet ist.

Abschaffung des Gesamthandskonzepts für Personengesellschaften

Am 1.1.2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft und schafft u.a. das bisher für Personengesellschaften geltende Vermögenskonzept der „Gesamthand“ ab. Dies wirft die Frage auf, ob Personengesellschaften noch die Steuerbefreiungen der §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG nutzen können. Denn diese Vorschriften setzen Gesamthandsvermögen voraus.

Personengesellschaften und andere Gesamthandsgemeinschaften sind „selbstständige Rechtsträger“ im Sinne des GrEStG. Überträgt der Gesellschafter einer Personengesellschaft auf diese ein Grundstück, unterliegt dieser Vorgang daher der Grunderwerbsteuer. Das Gleiche gilt im umgekehrten Fall: Überträgt die Personengesellschaft ein Grundstück auf ihren Gesellschafter, fällt Grunderwerbsteuer an. Weiterhin sind Grundstücksübertragungen zwischen Personengesellschaften auch dann steuerbar, wenn an diesen Personengesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind (Schwesterpersonengesellschaften).

Zur Vermeidung einer unbefriedigenden Härte wird die Steuer jedoch gemäß § 5 GrEStG (Übergang auf eine Gesamthand) und § 6 GrEStG (Übergang von einer Gesamthand) unter bestimmten Voraussetzungen nicht erhoben. Die Vorschriften bewirken im Ergebnis eine Steuerbefreiung von Transaktionen mit Gesamthandsgemeinschaften, soweit sich die anteilige Berechtigung am Grundstück nicht verändert. Die Nichterhebung der Steuer ist mit zehnjährigen Sperrfristen verknüpft, innerhalb derer sich die Berechtigung des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand nicht verringern darf (§ 5 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG).

Beispiel: A ist als Kommanditist zu 100% am Vermögen der A GmbH & Co. KG beteiligt. Weiterer Gesellschafter ist die vermögensmäßig nicht beteiligte Komplementär-GmbH. Im Jahr 2022 A überträgt ein Grundstück auf die A GmbH & Co. KG. Die Übertragung des Grundstücks ist zwar steuerbar, zugleich aber nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GrEStG zu 100% steuerfrei.

Da die §§ 5 und 6 GrEStG nicht auf eine Rechtsform, sondern rechtsformübergreifend auf das Vermögensprinzip der Gesamthand abstellen, wird die Inanspruchnahme der grunderwerbsteuerlichen Vergünstigung bei einer Personengesellschaft auf Erwerber- bzw. Veräußererseite nach Inkrafttreten des MoPeG als ernstlich gefährdet angesehen. Es sei daher davon auszugehen, dass ohne Anpassungen des Gesetzgebers die §§ 5 und 6 GrEStG für Personengesellschaften nicht weiter Bestand haben können, da mit der Abschaffung des Gesamthandprinzips insoweit die zivilrechtliche Grundlage für eine Anwendung dieser Privilegierungsvorschriften entzogen werde.

Der Verlust der Steuervergünstigungen wäre zwar mit erheblichen Nachteilen verbunden. Immerhin könnten sich die Unternehmen aber auf die neue Rechtslage einstellen. Weit problematischer wären aber mögliche Auswirkungen des MoPeG auf noch laufende Sperrfristen iSd § 5 Abs. 3 Satz 1 und § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Diese sanktionieren die Verminderung der gesamthänderischen Mitberechtigung. Aufgrund der Beseitigung der gesellschaftsrechtlichen Gesamthand durch das MoPeG könnten zum Jahreswechsel 2023/2024 massenhaft „passive“ Sperrfristverletzungen eintreten.

Fortsetzung des Beispiels: Mit Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024 entfällt die gesamthänderische Mitberechtigung des A an dem Vermögen der A GmbH & Co. KG. Dies könnte einen Sperrfristverstoß innerhalb der Zehnjahresfrist darstellen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG). Die Übertragung des Grundstücks von A auf die A GmbH & Co. KG könnte steuerpflichtig werden.

 

Keine Reaktion im Referentenentwurf des Wachstumschancengesetz

Der Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes reagiert zwar auf steuerliche Friktionen der Abschaffung des Gesamthandskonzepts durch das MoPeG. Die Grunderwerbsteuer spart er hierbei aber aus. Dies überrascht zunächst.

Für die Ertragsteuern findet sich eine Regelung in § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO-E:

„Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zustehen, werden den Beteiligten oder Gesellschaftern anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Rechtsfähige Personengesellschaften gelten für Zwecke der Ertragsbesteuerung als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen.“

Für die Erbschaftsteuer findet sich eine Regelung im neuen § 2a ErbStG-E:

„Rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung) gelten für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen. Bei einem Erwerb nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Erwerber. Bei einer Zuwendung durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Zuwendende.“

Grunderwerbsteuerlich findet sich im Referentenentwurf keine Regelung.

 

Aber: Diskussionsentwurf zur umfassenden Reform des GrEStG

Aus Sicht des BMF dürfte dieses „Versäumnis“ nachvollziehbar sein. Immerhin hat das BMF fast zeitgleich einen Diskussionsentwurf zu einer umfassenden Reform des GrEStG in die Welt gesetzt. Auch dieser soll ab dem 1.1.2024 in Kraft treten. Das BMF will vorrangig die unsystematischen und komplexen Vorschriften zur Besteuerung von Share Deals durch ein komplett neues System ersetzen. Daneben adressiert der Diskussionsentwurf aber auch die Abschaffung des Gesamthandskonzepts durch das MoPeG.

§ 5 GrEStG-E schlägt folgende Regeln vor:

„(1) […].

(2) Geht ein Grundstück von mehreren Miteigentümern auf eine Gesellschaft über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesellschaft Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück entspricht und wenn das Grundstück in den fünf Jahren vor dem Erwerbsvorgang dem Miteigentümer ununterbrochen im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 2 bis 4 zuzurechnen war. Geht ein Grundstück von einem Alleineigentümer auf eine Gesellschaft über, so wird die Steuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist, wenn ihm das Grundstück in den fünf Jahren vor dem Erwerbsvorgang ununterbrochen im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 2 bis 4 zuzurechnen war.

(3) Geht ein Grundstück von einer Gesellschaft in das Miteigentum mehrerer an der Gesellschaft Beteiligter über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Bruchteil, den der einzelne Erwerber erhält, dem Anteil entspricht, zu dem er an der Gesellschaft beteiligt ist, und wenn das Grundstück in den fünf folgenden Jahren nach dem Erwerbsvorgang dem Erwerber ununterbrochen im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 2 bis 4 zuzurechnen ist. Geht ein Grundstück von einer Gesellschaft in das Alleineigentum eines an der Gesellschaft Beteiligten über, so wird die Steuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Erwerber an der Gesellschaft beteiligt ist, und wenn das Grundstück in den fünf folgenden Jahren nach dem Erwerbsvorgang dem Erwerber ununterbrochen im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 2 bis 4 zuzurechnen ist.“

Der Diskussionsentwurf ersetzt die Verknüpfung mit dem Gesamthandskonzept. Stattdessen stellt er darauf ab, zu welchem Anteil der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist. Dies sichert die Fortgeltung der Steuerbefreiungen für nach dem 31.12.2023 verwirklichte Erwerbsvorgänge ab.

Das Risiko unabsichtlicher Sperrfristverstöße aufgrund noch laufender Fristen iSd § 5 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG wird in den Übergangsvorschriften adressiert. § 23 Abs. 27 GrEStG-E soll diesbezüglich regeln:

„§ 5 Absatz 3 Satz 1, § 6 Absatz 3 Satz 2 und § 7 Absatz 3 Satz 1 in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung sind bis zum Ablauf der dort genannten Fristen für verwirklichte Übergänge nach § 5 Absatz 1 und 2 und § 6 Absatz 3 Satz 1 und Umwandlungen von gemeinschaftlichen Eigentum in Flächeneigentum nach § 7 Absatz 2 in der bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Fassung mit der Maßgabe weiter anzuwenden, dass anstelle des Vermögens der Gesamthand das Gesellschaftsvermögen im Sinne des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3436) tritt.“

Hierdurch würden Sperrfristverstöße aufgrund des Wegfalls des Gesamthandskonzepts verhindert.

Ausblick

Das MoPeG könnte grunderwerbsteuerlich Probleme bereiten. Bislang adressiert das BMF diese Probleme aber nur in einem Diskussionsentwurf zu einer umfassenden Reformierung der Grunderwerbsteuer. Ob sich dieser bis zum Inkrafttreten des neuen Personengesellschaftsrechts umsetzen lassen wird, ist höchst fraglich. Insbesondere die Länder könnten eine derart weitreichende Reform des GrEStG torpedieren. Der Gesetzgeber sollte die Erfolgsaussichten des Vorhabens eng im Blick behalten und es nicht verpassen, bis zum Jahresende 2023 wenigstens minimalinvasive Anpassungen des GrEStG an das MoPeG zu implementieren.

Potenziell Betroffene sollten mit ihrem steuerlichen Berater besprechen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, falls die Reform des GrEStG nicht rechtzeitig umgesetzt wird.

 

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